Bisher standen die Zulieferer der Automobilindustrie zumeist im Schatten der großen Hersteller, doch in Zeiten der E-Mobilität verschieben sich die Gewichte. Die innovativen Geister drängen mit ihren Entwicklungen ins Rampenlicht, denn
die Zukunft ist elektrisch, und ein großer Teil der Entwicklungen kommt von Zulieferern. Zwar ist die Zeit der klassischen Modelle mit Verbrennungsmotoren noch nicht abgelaufen, doch die kommenden Jahre der Automobilindustrie stehen unter Strom.
„Im Jahr 2030 rechnen wir mit einem Anteil von 30 Prozent an vollelektrischen Modellen, 40 Prozent Hybrid-Fahrzeugen und noch 30 Prozent Automobilen mit Verbrennungsmotoren“, erklärt Matthias Zink, Vorstand Automotive OEM bei Schaeffler. Als Reaktion auf diese Entwicklung hat der Zulieferer aus Herzogenaurach Anfang des Jahres sein Entwicklungszentrum E-Mobilität im badischen Bühl gegründet und investiert dort 60 Millionen Euro. Aus dem klassischen Komponenten-Hersteller hat sich in den vergangenen Jahren ein Systemlieferant entwickelt, der heute komplette Antriebsstränge für Elektromobile liefert. Gleichzeitig „entwickeln wir aber auch den Verbrennungsmotor weiter“, so Zink.
Ohne eine grundlegende Elektrifizierung des Antriebs, so Jochen Schröder, Leiter des Unternehmensbereichs E-Mobilität bei Schaeffler, „sind die kommenden strengen Abgasvorschriften der EU nicht zu erreichen. Unsere Lösungen sind außerdem preiswerter als die Strafzahlungen, die in Zukunft fällig werden, wenn die Abgasgrenzen nicht erfüllt werden.“ Dabei setzt Schaeffler auch auf die Hybridtechnik, die „aus unserer Sicht keine Übergangslösung ist“.
Damit die Elektromobilität von den potenziellen Kunden akzeptiert wird, müssen die E-Mobile den Fahrspaß und Komfort der konventionell angetriebenen Modelle erreichen. Jüngstes Beispiel für diesen Anspruch ist der Audi e-tron, der mit E-Achsgetrieben von Schaeffler zu den Kunden kommt. Dabei greift jede Achse auf ein elektrisches Antriebssystem zu, was sich zusammen mit dem elektrischen Allradantrieb in beachtliche Fahrleistungen und ein agiles Fahrverhalten übersetzen soll. Dabei kommt vorne ein achsparalleles System zum Einsatz, während bei der Hinterachse eine koaxiale Version gewählt wurde. Im normalen Alltagsverkehr wird der Audi allein über die Hinterachse angetrieben. Wird mehr Leistung abgerufen, wird das achsparallele Antriebssystem der Vorderachse zugeschaltet.
Neben den vollelektrischen Antrieben konzentriert sich Autozulieferer Schaeffler auch auf die verschiedenen Hybridtechniken, denn, so Schröder, „Elektrofahrzeuge sind nicht die einzige Antwort auf das Klimaproblem. Der Hybridantrieb hat weiter seine Berechtigung“. Deshalb entwickelt das Unternehmen Hybridmodule und -getriebe für diese Antriebsart. Bisher liegen bereits acht Serienaufträge von Automobilproduzenten für E-Achsen und Hybridmodule vor, was sich zu einem Umsatzpotenzial von mehr als einer Milliarde Euro addiert.
Dass Elektromobilität alles andere als langweilige Kost für Müslifreunde ist, zeigt der Schaeffler 4 e-Performance, bei dem sich vier Motoren aus dem Formel-E-Boliden FE01 zu insgesamt 1200 PS (888 kW) verbünden. Die Antriebe haben bereits eine komplette Saison hinter sich. An der elektrischen Rennserie ist Schaeffler von Beginn an beteiligt und hat nun das dort gewonnene Wissen in einen Audi A3 integriert, der allerdings nur noch geringe Ähnlichkeit mit dem Serienmodell besitzt. Die Energie liefern zwei Batterien mit einer kombinierten Kapazität von 64 kWh. Daniel Abt, Formel-E-Pilot für das Schaeffler-Team, blickt kurz zum festgezurrten Beifahrer und beschleunigt. Nach weniger als sieben Sekunden sind 200 km/h erreicht, und noch beeindruckender als die Geschwindigkeit ist die brutale Verzögerung vor den Kurven. Während Abt den A3 durch die Kurven zwingt und den Boliden danach vehement beschleunigt, freut sich der Beifahrer, dass der Magen noch leer ist – und genießt den Höllenritt. ampnet/ww
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