Das Kompaktklasse-Auto Ford Focus zählt zu den automobilen Ausnahmeerscheinungen. Seit 1998 wurden in den vergangenen 20 Jahren mehr als 16 Millionen Exemplare verkauft. Und immer noch entscheidet sich alle circa 48 Sekunden irgendwo auf der Welt ein Kunde für den kompakten Klassiker aus Köln. Große Erwartungen also, die die vierte Generation im September 2018 erfüllen muss. Zur obersten Direktive gehört dabei vor allem die Fahrdynamik.
Mit der Aussage „Wir haben nicht vor, uns diese Krone von irgendeinem Wettbewerber abjagen zu lassen“, gibt sich Helmut Reder, bei Ford weltweit verantwortlich für die Entwicklung der C-Segment-Fahrzeuge, kämpferisch.
Dazu haben die Ingenieure erstmals zwei unterschiedliche Hinterachsen eingebaut. In den 5-Türern mit 1,0-Liter-Turbobenziner und 1,5-Liter Turbodiesel wird eine überarbeitete Verbundlenker-Hinterachse eingesetzt, die gewichtsoptimiert und mit neuer Federtechnologie präzise den Kontakt zur Straße hält und ein jederzeit sicheres und stabiles Grundgefühl vermittelt. Auch die Lenkung übersetzt direkt und unmittelbar die Befehle des Fahrers auf den Asphalt.
In allen Turnierversionen, sprich Kombivarianten, sowie den Limousinen mit dem größeren 1,5-Liter Turbobenziner und dem Topdiesel kommt eine neue Multilink-Konstruktion zum Zuge, die gekonnt den Spagat zwischen Komfort und Agilität beherrscht, in dem sie ebenso souverän übelste Verwerfungen im Asphalt glattbügelt wie bei der schnellen Kurvenhatz für Stabilität und sicheren Spurverlauf sorgt. Erst recht mit der ebenfalls erstmals im Focus erhältlichen elektronischen Dämpferregelung, die sogar sichtbar tiefe Schlaglöcher ausgleichen kann. Wie bei der Konkurrenz längst üblich, lässt sich außerdem nun auch im Focus serienmäßig die Gasannahme und elektromechanische Servolenkung über einen dreistufigen Fahrerlebnis-Schalter von „normal“ über „eco“ bis „sportlich“ anpassen.
Die Motorenauswahl besteht, wie schon angedeutet, aus jeweils zwei Benzin- und Diesel-Aggregaten. Der vielfach preisgekrönte Ecoboost-Dreizylinder-Turbobenziner steht mit 85 PS, 100 PS und 125 PS, die auf 1,5 Liter Hubraum vergrößerte Variante mit 150 PS und 182 PS bereit. Alle Triebwerke erfüllen nun selbstverständlich die Abgasnorm Euro-6d auf Basis des WLTP-TestzZykluses (World Harmonised Light Vehicle Test Procedure). Eine echte Neuheit ist die Zylinderabschaltung, die Ford nun als erster Autohersteller überhaupt in Dreizylinder-Motoren etabliert. Beim Dahingleiten mit konstantem Tempo legt die Elektronik einen Brennraum einfach lahm. Das spart Sprit und schont die Umwelt. Am Lenkrad merkt man davon gar nichts. Ebenso wenig, wenn der dritte „Topf“ beim Druck aufs Pedal binnen 14 Millisekunden die Arbeit wieder aufnimmt.
Bei den Diesel-Motoren ist schon die mittlere 120-PS-Variante eine gute Wahl. Der 1,5-Liter-Vierzylinder, der auch als Basismodell mit 95 PS zu haben ist, schiebt mit 300 Nm Drehmoment zügig nach vorn und überzeugt unterwegs mit guter Laufkultur. Als vorläufiges Topmodell bei den Selbstzündern firmiert der 2,0-Liter-Vierzylinder mit 150 PS. Was jedoch gerade mit Blick auf Firmen- und Flottenfahrer sicher nicht genug sein wird. Eine Mild-Hybrid-Version mit 48-Volt-Bordnetz und Startergenerator ist für 2020 vorgesehen, eine weitere Elektrifizierung jedoch steht nicht auf dem Plan.
Übertragen werden die Leistungen standardmäßig über ein gut gestuftes 6-Gang-Getriebe, das exakt und leicht zu führen ist. Die erste Achtgang-Automatik im Focus ist für die Benziner mit 125 PS und 150 PS sowie die Diesel mit 120 PS und 150 PS reserviert.
Aber nicht nur bei der Fahrwerksabstimmung und Antriebstechnologie hat der sportlich angehauchte Golf-Gegner zugelegt. Auch bei den möglichen Komfort- und Sicherheitsoptionen zählt der Focus nun jetzt zur Spitzengruppe im Segment. Mehr Assistenz-Systeme finden sich zurzeit in keiner anderen europäischen Ford-Baureihe. Viele dieser Funktionen entsprechen dem Level 2 für automatisiertes Fahren. Die Schar der elektronischen Helferchen wurde unter anderem um einen Stauassistenten inklusive Fahrspur-Pilot, kamerabasiertes Kurvenlicht, Verkehrsschilderkennung, blendfreies Fernlicht sowie einen vollautomatischen Park-Assistenten erweitert, der das Rein- und Rausrangieren parallel oder quer zur Fahrbahn komplett auf Knopfdruck erledigt. Ein Novum in dieser Klasse ist außerdem der Ausweichassistent, der das Umfahren von Hindernissen durch aktiven Lenkeingriff unterstützt. Auch ein Head-up-Display (Serie für Vignale) gibt es, zwar „nur“ als ausfahrbare Plastikscheibe, aber dafür heller, größer als irgendwo sonst und so brillant, dass sogar Träger von polarisierten Sonnenbrillen den Durchblick genießen können.
Angeboten wird der neue Ford Focus als fünftürige Limousine und Kombiversion Turnier in den sechs Ausstattungslinien Trend, Cool&Connect, Titanium, ST-Line, Vignale sowie Anfang 2019 als etwas höhergelegte Outdoorversion Active. Wobei sich die einzelnen Varianten durch je unterschiedliche Kühlergrill-, Scheinwerfer und Stoßfänger-Grafiken unterscheiden. In der Version Titanium etwa trägt die Front horizontale Lamellen und vertikale Tagfahrlichter im Stoßfänger, die sportliche ST-Line charakterisiert ein schwarzes Wabengitter, größere Lufteinlässe im Stoßfänger sowie Heckdiffusor und Dachspoiler und der Vignale schließlich glänzt mit reichlich satiniertem Chromdekor im oberen Grill, als breit „lächelnde“ Leiste im unteren Stoßfänger sowie mit lackierten Seitenschwellern.
Das Interieur ist reduziert und klar geordnet. Materialien und Verarbeitung hinterlassen dank Softtouch-Stoffen sowie polierten oder gebürsteten Oberflächen einen guten Eindruck. Auch hier unterscheiden sich die Ausstattungslevel, die Vignale-Version mit feinem Leder und gemasertem Holzdekor-Einlagen, die ST-Line durch Oberflächen im Carbon-Look und roten Ziernähte und der Focus Active durch etwas robustere Materialien. Allen gemein ist ein übersichtliches Cockpit, in dem sich über die SYNC3-Sprachsteuerung oder einen acht Zoll großen Farbtouchscreen per Wisch- und Ziehbewegung die wesentlichen Audio- Klima- und Navigationsfunktionen bedienen lassen. Auf Fingerfuchteln via Gestensteuerung verzichtet Ford.
Im Vergleich zum Vorgänger wuchs die vierte Focus-Generation in der Länge um 1,8 Zentimeter, beim Kombi Turnier sind es dagegen 10,8 Zentimeter. Auch der Radstand legte um gut fünf Zentimeter zu, was größere Räder, kürzere Überhänge sowie mehr Platz im Innenraum ermöglichte. Die Front-Passagiere genießen, wahlweise auf 18-fach verstellbaren Ergonomie-Sitzen, mehr Schulterfreiheit. Hinten legt die Kniefreiheit um fünf Zentmeter zu. Gegenüber dem Vorgänger wächst der Kofferraum des Fünftürers um 25 auf immer noch mickrige 341 Liter, bei umgeklappter Rückbank werden daraus dachhoch und ohne Reserverad immerhin 1354 Liter. Beim Kombi Turnier sieht’s deutlich besser aus, bei normaler Konfiguration 575 Liter und maximal 1653 Liter.
Der Basispreis von 18 700 Euro ist zwar 200 Euro unter dem bisherigen Einstieg, allerdings kaum mehr als ein Lockangebot. Denn es gibt dafür lediglich den Basisbenziner mit 85 PS in der Trend-Ausstattung. Der nächste höhere 100-PS-Benziner ist erst ab 20 400 Euro zu haben. Die Topversion Vignale mit 182 PS-Turbobenziner kostet 31 200 Euro. Der günstigste Diesel (95 PS) startet ab 22 800 Euro. Hier kostet die stärkste Version 32 600 Euro. Das 8-Gang-Automatikgetriebe ist mit je 1900 Euro Aufpreis kalkuliert, die Kombiversion Turnier kostet immer einen Tausender mehr. ampnet/fw
Daten: Ford Focus 1.5l Ecoblue Turnier
Länge x Breite x Höhe (m): 4,67 x 1,83 x 1,47
Radstand (m): 2,70
Motor: 4-Zylinder-Turbodiesel, 1499 ccm
Leistung: 88 kW / 120 PS bei 3500 U/min
Max. Drehmoment: 300 Nm bei 1750 – 2250U/min
Höchstgeschwindigkeit: 194 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 10,3 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch: 3,9 -3,7 Liter
Effizienzklasse: C
CO2-Emissionen: 104-98 g/km (Euro 6d-Temp)
Leergewicht / Zuladung: min. 1413 kg / max. 542 kg
Kofferraumvolumen: 575 – 1653 Liter
Tankvolumen: k.A.
Max. Anhängelast: k.A.
Wendekreis: 10,6 m
Bereifung: 205/60 R 16
Basispreis: 25 100 Euro
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